Mamas Winkelblicke: Papas – die verkannten Helden

Bestimmt kennst auch Du einen Papa vor der Sorte, über die ich heute schreibe: Stolz wie Oskar, dass er bei der Geburt dabei war, total verliebt in sein Kind, manchmal super süß und zugewandt – und weit weg, wenn es um Verantwortung geht.

Was, wenn wir Mamas es auch einmal so machen würden? Uns erlauben, was sie sich erlauben?

Es wäre ein Segen für die ganze Familie!

Bestimmt kennst auch Du einen Papa von der Sorte, über die ich heute schreibe: Stolz wie Oskar, dass er bei der Geburt dabei war, total verliebt in sein Kind, manchmal super süß und zugewandt – und weit weg, wenn es um Verantwortung geht.

Meine Bandbreite der Reaktionen reicht von neutral über verstehen wollend („Papas haben eben keine Mamahormone“) und fassungslos bis hin zu stinksauer.

Dann suche ich nach den guten Dingen – denn sie sind ja da!

Er war bei der Geburt dabei – in den letzten paar Stunden oder Minuten, nachdem Mama das Baby monatelang allein ausgebrütet hat, während alle ihre Beschwerden abgetan haben…
Er wechselt die Windel – einmal pro Woche, sofern sie nicht stinkt…
Er kauft nach der Arbeit noch ein – beim Supermarkt, der auf dem Arbeitsweg liegt, nach dem Zettel, den die Mama ihm geschrieben hat…
Er hat auch mal Abendbrot organisiert – von Mc Doof und eine halbe Stunde nach der regulären Zeit…
Er spielt super süß mit den Kindern – wenn es ihm gerade in den Kram passt…
Und nachts schläft er einfach weiter, weil Mama ja sowieso wach ist zum Stillen – da kann sie doch auch gleich die Windeln wechseln…
Und dann, der Gipfel des Ganzen – er lässt sich auch noch dafür feiern, was für ein heldenhafter Vater er doch ist!

Und wenn ich dann mal so richtig, richtig sauer bin, weil ich es so richtig unfair finde

– Papa kann sich das nur erlauben, weil Mama es möglich macht!!! –

dann frage ich mich:

Was wäre, wenn die Mama es genauso machen würde?

Und ich bin mir sicher, den allermeisten Mamas (und nicht nur denen) kommen nun zuallererst Schreckensszenarien in den Sinn:

Schreiende, heulende Kinder in überquellenden Windeln inmitten eines Bergs aus Spielzeug und Müll, übermüdete Kinder mitten in der Nacht vorm Fernseher, Baby allein zu Hause – Oh mein Gott, das können wir Mamas doch nicht zulassen!

Seien wir doch mal ganz ehrlich:
Es würde gar nicht passieren.

Auch Papas sind keine Monster – sie machen es nur anders.

Die allermeisten der oben beschriebenen Papas würden durchaus die Windel wechseln – wenn Mama es WIRKLICH nicht macht.
Sie würden nicht nur Mc Doof füttern – oder Tiefkühlpizza.
Sie würden spätestens dann Ordnung schaffen, wenn sie nirgends mehr treten können, den Geschirrspüler oder die Waschmaschine anschmeißen, wenn nichts Sauberes mehr da ist und irgendwann auch auf die Suche nach dem Staubsauger gehen. (Und vielleicht merkst Du gerade, dass Dein eigenes Papa-Exemplar sooo schlimm dann doch nicht ist. 😉 )
Oder sie würden ihre eigene Mama, Kollegin oder Nachbarin um Hilfe bitten (auch das ist eine Form, die Verantwortung den Kindern gegenüber zu übernehmen!) – aber dass die Kinder wirklich verkommen, ist unwahrscheinlich.

Noch viel wahrscheinlicher ist aber, dass wir es gar nicht über unser Mutterherz bringen, das überhaupt erst herauszufordern. Oder kannst Du seelenruhig nachts weiterschlafen, während Dein Kind weint?

Bleibt also der letzte Punkt:

Was, wenn wir Mamas uns genauso für unsere Heldentaten feiern würden?

Warum sollen wir dem Papa nachmachen wollen, was wir weder gut finden noch können?
Warum fokussieren wir uns nicht lieber an dieser Stelle auf das Großartige und feiern uns auch einmal so wie sie für unsere Heldentaten?

Wenn wir uns für jede Stunde der Schwangerschaft (und Stillzeit) so feiern lassen würden, wie die Papas sich für die Stunden der Geburt, was dann?
Wenn wir uns für jede Mahlzeit, die wir unseren Kindern zaubern, so feiern würden wie die Papas, was dann?
Wenn wir jede einzelne gewechselte Windel genau so feiern würden, wie der Papa seine, was dann?
Wenn wir uns für jeden Einkauf so feiern würden wie die Papas, was dann?
Wenn wir uns für jedes Spielen, Trösten, Kuscheln und Toben mit unseren Kindern so feiern würden wie die Papas – weil wir uns die Zeit dafür genauso nehmen müssen, was dann?

Spürst Du, was sich gerade verändert?

Vielleicht antwortet Dein Verstand jetzt noch, dass das doch Quatsch ist – dass das doch selbstverständlich ist und kein Grund zum Feiern, oder dass für so viel Feierei gar keine Zeit bleibt. 😉

Aber hey – stell es Dir vor!

Was wäre dann?
Wir hätten dann lauter stolze, aufrechte und glückliche Mamas!

Wir würden endlich selbst anerkennen, was wir alles leisten.
Wir würden endlich selbst wertschätzen, was unser Körper alles kann: Ich stille voll und mein Zwergi ist jetzt 4 Monate alt. Das sind über 7kg Wunder, von denen jede einzelne Zelle durch meinen Körper entstanden ist! Jede! einzelne! Zelle! allein! durch! mich!
Wir würden endlich aufhören, alles für selbstverständlich zu halten, was wir tun und sind.
Wir würden endlich aufhören, uns klein zu machen, nur weil wir für den selbstgekochten Brei die Bio-Karotten, die wir im Garten anbauen, ausnahmsweise mit Leitungswasser statt mit Regenwasser gießen.
Wir würden endlich aufhören, ein schlechtes Gewissen zu haben, dass wir neben zwei Kindern, drei Haustieren, Haus, Garten und Job nicht auch noch die kranke Schwiegermutter pflegen. (Übertrieben? Leider nicht – Ihr wisst, was ich meine.)
Wir würden uns endlich Zeit zugestehen, gut für uns selbst zu sorgen!
Kurz: Wir würden endlich selbst erkennen:

Wir Mütter sind großartig!

Außerdem hätten wir dann viel mehr Freude an dem, was wir so tun. Und wären viel entspannter dabei.

Was für ein Segen für die ganze Familie!

Und ganz nebenbei wäre auch für den Rest der Welt endlich sichtbar, was wir alles sind und tun!
Und die Papas? Die hätten plötzlich auch eine Chance, uns für all das wertzuschätzen, anzuerkennen, zu feiern – stolz auf uns zu sein und uns mehr in allem zu unterstützen – was sie vorher schlicht nicht sehen konnten. Weil wir selbst es nicht gezeigt haben!

Bisher! Denn wir wären ja verrückt, uns von diesen heldenhaften Papas nicht eine Scheibe abzuschneiden! Oder?

Klingt ja gut, aber Du zweifelst daran, dass das geht?

Dann schau es Dir doch einfach bei einem passenden Papa ab – Vorbilder gibt es da reichlich. Oder, noch besser: Frag ihn, wie es geht! Vielleicht wird er sich wundern, vielleicht auch keine Antwort haben, weil er es für selbstverständlich hält. Aber auch diese Papas verdienen ehrliche Anerkennung!

Und ja, sie sind wirklich verkannte Helden, die so Großartiges können, was wir noch von ihnen lernen dürfen:

Sich selbst für ihre Leistung feiern – ohne dafür perfekt sein zu müssen.
Einfach mal den leichten Weg wählen.
Zuallererst für das eigene Wohlergehen sorgen!
Darin sind die zugehörigen Mamas noch nicht so gut, stimmt’s?

Aber zum Glück können wir uns alle jederzeit neu entscheiden:
Perfekt oder lieber großartig?

Ich wähle ab sofort großartig – und Du?

Und ich finde, das schreit nach einer Challenge. Einfach mal gemeinsam anfangen, ausprobieren und üben.
Am 15.10. geht es los und hier ist der Link. 🙂
Eine passende Facebookgruppe habe ich gerade gegründet – hier bist Du herzlich willkommen!

Ansonsten nicht vergessen:

Ich bin großartig und Du bist es auch – und der Papa auch – wir sehen es nur noch nicht immer!

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Mamas Winkelblicke: Wenn „geht nicht“ nicht mehr geht – Neuausrichtung des Blogs

Wenn nur ein einziger Mensch es schafft, trotz schwieriger Umstände glücklich zu sein – warum sollte es dann für Dich nicht auch möglich sein?

Die Frage ist nicht ob, sondern wie!

Und genau darum wird es hier auf dem Blog in Zukunft gehen.
Ganz praktisch zum selbst ausprobieren.

Für alle Mamas, die nicht nur für, sondern mit ihren Kindern glücklich sein möchten.

Vor knapp drei Monaten, pünktlich zum Muttertag, hat mein Leben eine ganz neue Dimension bekommen: Ich bin Mutter geworden.
Und so riesig meine Freude über die Schwangerschaft und die Vorfreude auf das Baby war, so gut kann ich mich auch noch an die eine Woche gegen Ende der Schwangerschaft erinnern, als mir plötzlich bewusst wurde, was da eigentlich auf mich zukommt: Eine Wende um 180 Grad, von der ich nur weiß, dass sie stattfinden wird. Nicht wann, nicht wie. Nur, dass sie unwiderruflich für den Rest meines Lebens ist und dass ich absolut keine Kontrolle darüber habe. Uff. Panik!

Heute weiß ich:

Mamas sind die stärksten Menschen der Welt

gnadenlos unterschätzt und verkannt – vor allem von sich selbst.
Ich finde es so schade zu erleben, wie viele Frauen sich im Mamasein auflösen, Großartiges leisten und trotzdem im Gefühl stecken bleiben, es nicht gut genug zu machen. Alles versucht zu haben, aber nichts ändern zu können. Und eigentlich auch keine Kraft (mehr) zu haben, aber „es muss ja“. Das macht doch keinen Spaß!

Liebe Mami, „es muss“ überhaupt nichts, Du bist wundervoll, unglaublich stark und Du kannst immer etwas ändern!

Ich weiß jetzt noch klarer als vorher:

Die Perspektive macht den größten Unterschied

und ich habe immer die Wahl. Nicht unbedingt, wie eine Situation ist oder wie eine Veränderung ausgeht, aber mindestens, ob ich mich dagegen wehre oder das beste daraus mache. Ob ich mich auf die Katastrophen fokussiere („Ab jetzt wird es nie wieder besser – nur anders!“), mein Leben von Ängsten bestimmen lasse („Aber funktioniert das denn mit Kind?“) und mich immer nur damit beschäftige, was gerade alles noch nicht oder nicht mehr möglich ist. Oder ob ich offen auf das zugehe, was da kommt. Ausprobiere, was mit Kind möglich ist, die kleinen und großen Momente genieße, die gerade jetzt da sind und ganz bewusst an den Herausforderungen wachse.
Ob ich die Verantwortung an die Situation und alle anderen abgebe und daran verzweifle, dass sie nichts ändern, oder ob ich schaue, wo ich selbst doch noch Möglichketen habe:

Ich habe mich entschieden, mit Kind glücklich zu sein

Das bedeutet, diesen neuen Menschen in mein Leben zu integrieren. Genau so, wie er ist – und genau so, wie ich bin! Das erfordert die Bereitschaft zur Veränderung. Immer und immer wieder. Den Mut, mich ganz und gar einzulassen, Unbekanntes zu wagen. Durch alle Ängste hindurch. Und die Neugierde, immer wieder hinzugucken, wer dieses kleine Wunder Mensch von sich aus schon ist.

Und es erfordert die Klarheit, wer ich selbst überhaupt bin, was mir wichtig ist und was ich mir vom Leben wünsche. Denn ich bin nicht nur Mutter. Und

Wie könnte ich eine gute Mutter sein, wenn es mir selbst nicht gut geht?

Dafür habe ich in den letzten 12 Wochen schon unzählige Male meine Prioritäten umsortiert und werde das sicherlich noch öfter tun.
Wenn ich bereit bin, das alte Leben loszulassen, den Anspruch, perfekt sein zu müssen (oder auch nur zu können), relativiere und mich auf das konzentriere, was mir und meinem Zwergi wirklich wichtig ist, dann entstehen ganz neue Möglichkeiten:

Ich erschaffe mir das Leben, das ich mir wünsche

und das in Freude und Leichtigkeit. Auch das erlebe ich bereits.

Nein, damit will ich nicht behaupten, dass es keine anstrengenden Momente gibt. Keine Grenzsituationen, in denen ich nicht weiß, wie ich zurecht komme, und dann stinksauer auf den Papa bin, der sich gerade nicht zuständig fühlt, um nur ja nicht meine eigene Verzweiflung und Unzulänglichkeit fühlen zu müssen.
Damit will ich nur sagen, dass niemand auf der Welt mir Stress oder Druck machen kann – außer mir selbst. Dass ich nicht in diesen Gefühlen hängen bleiben muss. Und dass nicht jemand anders oder die Situation sich ändern muss, damit etwas besser werden kann. Ich selbst kann den Anfang machen. Immer.

Was sich katastrophal anfühlt, ist noch lange keine Katastrophe!

Und selbst Katastrophen lassen sich meistern.
Damit will ich sagen, dass es immer einen Weg gibt – auch wenn ich ihn gerade nicht sehen kann. Weil „geht nicht“ einfach als Option nicht in Frage kommt, wenn außer mir niemand da ist. Und weil auch das eben nicht selbstverständlich ist.

Für Dich gilt das alles nicht, weil… ?

Das stimmt nur, solange Du es selbst glaubst. Ich werde hier kein Wettpinkeln veranstalten, wessen Situation schwieriger ist, denn mich im Drama zu suhlen ist kontraproduktiv. Außerdem spielt es überhaupt keine Rolle. Wenn nur ein einziger Mensch es schafft, trotz schwieriger Umstände glücklich zu sein – warum sollte es dann für Dich nicht auch möglich sein?

Die Frage ist nicht ob, sondern wie!

Und genau darum wird es hier auf dem Blog in Zukunft gehen.

Darum, was Veränderungen wirklich brauchen.
Darum, wo Anerkennung herkommt.
Darum, welchen riesigen Unterschied es macht, welche Fragen ich mir stelle.
Und darum, was meine Beziehung zu meinem Kind mit meiner Beziehung zu mir selbst und zu meinem Leben zu tun hat.
Ganz praktisch zum selbst ausprobieren.

Für alle Mamas, die nicht nur für, sondern mit ihren Kindern glücklich sein möchten.

Und natürlich auch für neugierige Papas und alle anderen Interessierten.

Was bleibt, ist der positive Fokus – ohne Schönreden oder Ignorieren der Umstände:
Weg von „Warum habe ich es so schwer?“ hin zu „Was wünsche ich mir vom Leben und wie kann es möglich werden?“

Ich freue mich darauf – bist Du dabei?

Mehr als umhauen kann es mich nicht – gelassen durch die Krise

Gerade hatte ich meine Texte über liebevolle Selbstannahme geschrieben, da servierte mir mein Leben die Meisterprüfung.
Mithilfe eines zentralen Gedankens habe ich sie bestanden.

Gerade hatte ich meine Texte über liebevolle Selbstannahme geschrieben, da servierte mir mein Leben die Meisterprüfung.

Ich bin seit drei Wochen nicht zum Schreiben gekommen, weil ich so richtig im Quark sitze. Mit freundlichem Gruß an die Depression. Und das Leben geht weiter. Mit mir. Weil mir ein sehr hilfreicher Gedanke kam, der innerhalb von 24 Stunden die große Katastrophe in eine bewältigbare Herausforderung verwandelt hat:

Mehr als umhauen kann es mich nicht.

Aber von vorne.

Es kamen zwei riesige Baustellen in verschiedenen Lebensbereichen zusammen. Dazu zwei Menschen im Freundeskreis, zu denen ich in engem Kontakt stehe, mit ebenfalls riesigen Baustellen. Und zwei weitere mit andauernden Großbaustellen. Daneben der übliche alltägliche Wahnsinn des Lebens. 😉 Und weil das noch nicht reicht, steckte mein Verlängerungsantrag für die Psychotherapie in der bürokratischen Warteschleife. Wochen-, nein, monatelang. Wäre ja auch zu einfach, in der härtesten Zeit einfache Unterstützung zu haben. Ach, und dann sind da ja auch noch die Depressionen…

Riesige Baustelle heißt: alltagsverändernd, möglicherweise lebenslang. Genauer möchte ich das gar nicht ausführen, nicht zuletzt, weil es kaum eine Rolle spielt. Denn auch was sich ’nur‘ subjektiv schlimm anfühlt, ist eben erstmal schlimm. Aber das ist ein eigenes Thema.

Jedenfalls kam viel zusammen, gefühlt zu viel. Drei freie Tage brachten keine Besserung und als ich das lange geplante und herbeigesehnte Wochenende komplett absagen musste, kam die Verzweiflung vorbei: Was sagen meine Tanzpartner, die gerade für die neuen Kurse bezahlt haben, wenn ich nun ausfalle? Was ist mit dem Bekannten, dem ich versprochen habe, ihn bei der Abiturvorbereitung zu unterstützen? Und wie um alles in der Welt bekomme ich mein Laub gefegt (nein, verdammt, das geht eben nicht „mal eben“!)?
Ok, ich sollte mich beim nächsten Mal so früh wie möglich um einen Klinikaufenthalt kümmern, also wohl jetzt. Die Vorstellung, evtl. über Weihnachten in einer Klinik zu verbringen, weit weg von jedem, der mich besuchen könnte, war nicht besonders hilfreich. Ebenso wenig der Depressionen-Schnelltest auf der Klinikhomepage. Ich hatte schon im Zweifelsfall immer die schwächere Antwort gegeben, trotzdem: Schwere Depressionen.
Wenn ich ehrlich bin, hätte ich das vorher wissen können, ich wollte es bloß nicht sehen. Und nun?

Die Meisterprüfung in liebevoller Selbstannahme

Tja, dann ist das jetzt eben so. Ich stecke mitten in den schönsten Depressionen und gerade geht überhaupt nichts. Machen ebenso wenig wie Schlafen. Na und? Was soll schon passieren?

Mehr als umhauen kann das Ganze mich doch nicht.

Und im Liegen klappt Erholen sogar viel besser. 😉 Panik hilft mir auch nicht weiter. Aber die Werkzeuge auszupacken, die ich in der Vergangenheit zusammengesammelt und erfolgreich getestet habe. Also los:

1. Vertrauen in mich selbst

Ich kann inzwischen recht sicher einschätzen, wie weit meine Kräfte reichen. Wenn ich also das Tanzen und Abi-Vorbereiten zugesagt habe, dann stehen die Chancen sehr gut, dass ich das auch schaffe. Nur eben diese Woche nicht. Wenn jetzt Absagen dran ist, ist das eben so, das geht auch wieder vorbei. Ohne Druck noch schneller.

2. Liebevolles Verständnis

Selbst wenn ich es nicht schaffen sollte: Ich habe besten Wissens und Gewissens zugesagt. Dass sich die Situation geändert hat, habe ich nicht geplant oder gewollt. Also habe ich mir nichts vorzuwerfen – das würde niemandem helfen.

3. Das Beste daraus machen

Ich kann ehrlich zu den Betroffenen sein – so mache ich es zumindest nicht noch schlimmer. Lieber sage ich das Lern-Treffen ab, als unkonzentriert Mist zu erzählen.
Meinem Tanzpartner kann ich zumindest ein freies Wochenende bescheren, statt nach der ersten halben Stunde Training körperlich oder mental zusammenzubrechen.

4. Um Hilfe bitten und Hilfe annehmen

Im Zweifelsfall kann ich einen Bekannten bitten, die Abiturvorbereitung zu unterstützen.
Als ich meinen Nachbarn beim Laubpusten sah, bin ich unter Tränen raus zu ihm. Es ist mir unglaublich schwergefallen, ihn zu fragen, ob er das für mich mit machen würde. Schließlich kann ich mich in absehbarer Zeit nicht revanchieren und er ist um die 70… Aber: Ich habe gefragt!
Außerdem habe ich beim Psychiater nicht erst wochenlang auf einen Termin warten müssen, sondern wurde nach einer Woche zwischengeschoben, um eine Einweisung zu bekommen.

5. Das Außen ist mein Spiegel

Ich habe in der verzweifelten Nacht nach dem Testergebnis einer Reihe von Freunden geschrieben, wie es mir gerade geht. Resonanz: Keine. Gar keine.
Statt noch mehr zu verzweifeln, habe ich mich daran erinnert, dass hier nur ein Spiegeln stattfindet: Die Tatsache, dass ich richtig dick in der Depression sitze, hatte ich ja bis zu dem Moment selbst völlig ignoriert.

Und tatsächlich: Mit jedem Schritt in die Annahme wuchs auch die äußere Resonanz:
Der Nachbar kümmert sich nicht nur um mein Laub, ich soll mich auch jederzeit melden, wenn ich Hilfe zum Einkaufen brauche. Dann fährt er mich. Extra. Nicht nur, wenn er sowieso selbst los muss.
Mein Tanzpartner war zwar enttäuscht über das abgesagte Trainingswochenende, hat mich stattdessen aber zum Kaffeetrinken eingeladen. Wir hatten ein langes, tolles Gespräch.
Bei einer Nachbarin war ich am nächsten Abend zu Besuch, ein Freund kam am folgenden Tag, eine Freundin rief an, zwei andere schrieben.
Und viele, viele Bekannte fragen, wie es mir geht und was es mit den Terminen auf sich hat. So viel ehrliches Interesse habe ich selten erlebt.

Danke Euch allen! ❤

 

Wenn das die Meisterprüfung in liebevoller Selbstannahme war, kann ich heute sagen: Ich habe bestanden.

Ja, kurzfristig hat die Geschichte mich umgehauen. Ich schlafe und esse noch nicht wieder normal, brauche in manchem Unterstützung und habe heute und morgen zwei heftige Termine vor mir, von denen der eine hoffentlich mein größtes Drama der letzten 14 Jahre endlich zur Ruhe kommen lässt, aber auch eine extreme Weiche für den Rest meines Lebens stellt. Auf den anderen würde wohl jeder lieber verzichten…

Aber ich weiß, dass ich auch das überstehen werde. Warum auch nicht? Nach dem Wochenende stand ich wieder auf beiden Beinen und halte seitdem meine Termine ein. Erschöpft, aber erfolgreich. Schlimmstenfalls haut es mich eben noch mal um, na und? Dann stehe ich eben wieder auf, sobald es Zeit ist.

Das ist Leben. Und ich bin mittendrin.

Und dafür bin ich unendlich dankbar. Denn es ist das erste Mal, dass ich das so entspannt sehen kann. Und mich nicht allein fühle, weil ich mein Umfeld nicht mehr ausschließe.

Und dabei ist es eigentlich so einfach:

Erlaubst Du Dir, dass es Dich auch mal umhauen darf?

Auf wen hörst Du?

Zum Alltag mit Depressionen gehören viele innere und äußere Stimmen, die angeblich alle nur mein Bestes wollen. Aber welche helfen wirklich?

Diesen Text habe ich im September geschrieben. Er war einer meiner Beiträge für Aparecida Teodoros Ausstellung über Depressionen im UM-perfekten Raum in Kiel vom 08.-10.09.2017 anlässlich des Welttags der Suizidprävention. Die Darstellungsweise ist inspiriert durch das Theaterstück „Symbiosis“, das wir dort aufgeführt haben.

 

Auf wen hörst Du?

„Stell dich nicht so an!“

„Du brauchst doch bloß einen Tritt in den Hintern, faule Socke!“

„Du bist doch noch so jung!“

„Jedem geht es mal schlecht.“

„Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“

„Mach Sport, geh unter Leute!“

„Du musst nur wollen!“

„Benimm dich wie ein Erwachsener!“

„Du hast doch nichts.“

„Das kann doch gar nicht sein!“

„Anderen geht es noch viel schlechter!“

„Mach doch einfach mal … !“

„Such dir eine sinnvolle Aufgabe, dann geht es dir gleich viel besser!“

„Aber du lächelst doch immer?“

Der Rest der Welt – und ich selbst

 

„Kämpf. Nimm Tabletten. Setz dir kleine Ziele, arbeite an dir und deinem Selbstwertgefühl! MACH!“

Die Therapie

 

„Kannst Du wirklich nicht arbeiten?“

Das Sozialamt

 

„Vergiss es. Dich versteht niemand. Nicht einmal du selbst!“

Die Einsamkeit

 

„Das Leben findet ohne Dich statt.“

Die Isolation

 

„Du bist nicht gut genug. Du bist es gar nicht wert. Du hast nichts Besseres verdient.“

Die Selbstverurteilung

 

„Du bist eine Belastung für alle! Wag es ja nicht, da auch noch um Hilfe zu bitten!“

Die Depression

 

„Es ist alles zu viel. Du kannst nicht mehr. Gar nicht.“

Die Erschöpfung

 

„Du bist doch längst tot, das ist doch überhaupt kein Leben!“

Der Verstand

 

„Das ist eben dein Schicksal.“

Die Resignation

 

„STOP! Hör auf damit. Die Depression ist ein Teil von Dir, aber Du bist noch mehr! Hör auf, gegen sie und damit gegen dich selbst zu kämpfen. Das spart Energie, von der du sowieso gerade zu wenig hast. Nimm an, was jetzt gerade ist, ohne Kampf, ohne Urteil. Ja, du hast eine Depression. Ja, alles sieht gerade doof aus. Du kannst vieles gerade nicht mehr, das meiste macht keinen Spaß. Aber da ist noch mehr!
Wende den Blick: Was ist genau jetzt möglich? Was tut dir genau jetzt gut? Schau auf das Mögliche, das Schöne, das Liebevolle, so klein es auch sein mag. Nicht, weil du musst. Sondern, weil du es kannst, darfst und möchtest! Wer verbietet dir, mit Depressionen glücklich zu sein? Und wer hat tatsächlich die Macht dazu? NIEMAND außer dir selbst! Also: Erlaube dir, glücklich zu sein. Unabhängig von allem, was war oder ist. Genau dann beginnst du, das Beste aus dem zu machen, was gerade ist. Das nennt sich Leben. LEBE!“

Der Teil von mir, der nicht Depression ist

 

Wem glaubst du?